Der Schinken, die Pilze und ein Geheimnis aus der Sierra de Aracena
- Brigitte Klefisch
- 14. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Iberico-Schinken und die grüne Seele Andalusiens
Charmante Dörfer, ein mildes Klima bis in den November und die Geschichte eines der wichtigsten Erzeugnisse Spaniens sorgen für einzigartige Momente in der Sierra de Aracena.
Feuchte Winde des Atlantiks prägen die Landschaft aus Steineichen, Korkeichen, Olivenhainen und Kastanienbäumen. Die Region zählt zu den regenreichsten Spaniens – saftig grün das ganze Jahr über. Diese Weidelandschaft bietet ideale Bedingungen für eines der bekanntesten Tiere der Welt: das Iberico-Schwein.

Die christlichen Könige aus Kastilien brachten einst die Hausschweine und Kastanien in die Region westlich der Sierra Morena. Schnell erkannten die Tiere, dass Eicheln schmackhafter waren als Kastanien – und so entstand über Jahrhunderte das typische Iberico-Schwein.
Das dunkle, flinke Tier mit spitzer Schnauze und schwarzen Hufen ist heute eine Delikatesse. Je nach Rasse unterscheiden Züchter den Geschmack – und den Preis: Eine Keule kann bis zu 700 Euro kosten.

Schinkendorf Aroche
Das kleine, pittoreske Dorf Aroche ist ein perfekter Ausgangspunkt, um in die Geschichte des Iberico-Schinkens einzutauchen. Die Wurzeln reichen bis in die Römerzeit zurück. Rund 3.000 Menschen leben hier zwischen weißen Häusern, gepflasterten Gassen und kleinen Bars.
Was sofort auffällt: In den Geschäften hängen dicht an dicht würzig duftende Schinken.
In Isabels Laden erklärt die Schinkenexpertin mit Leidenschaft die verschiedenen Schnitttechniken: „Ein ganzer Schinken wie dieser, acht Kilogramm schwer, kostet 150 Euro“, sagt sie, während sie eine dunkel gemaserte Keule in der Schinkenschneidemaschine präsentiert. In kunstvolle Scheiben geschnitten, kommen noch einmal 50 Euro hinzu – eine kleine Kostprobe inklusive.
Meister des Schinkenschnitts
Antonio González Cárdeno aus Cumbres Mayores (Huelva) gilt als Meister seines Fachs. 2025 gewann er den Wettbewerb der Asociación Nacional de Cortadores de Jamón (ANCJ). Beim „Campeonato de España de Cortadores de Jamón“ überzeugte er die Jury mit Präzision und Stil. Für die Spanier ist diese Auszeichnung das höchste Lob in der Welt des Iberico-Schinkens.
Laufen, essen, chillen
31 Dörfer der Sierra züchten das Iberico-Schwein. Bis zu 40 Kilometer legt jedes Tier täglich zurück. Nur wenn es sich zu 100 Prozent von Eicheln ernährt, darf es den Titel „Iberico“ tragen.
Bis zu 18 Monate leben die Tiere auf den Weiden – ohne Stress, ohne Massentierhaltung. Danach beginnt die aufwendige Produktion des Jabugo-Schinkens: Jeder Schinken wird von Hand gesalzen und bis zu drei Jahre luftgetrocknet.
Das besondere Mikroklima mit viel Regen und Wind sorgt für den unverwechselbaren Geschmack. Ein Schinkenmeister entscheidet, wann die Tore der Hallen geöffnet oder geschlossen werden – ganz nach Luftfeuchtigkeit und Temperatur.
„Schinken gehört zu unserem Leben und zu unserer Kultur. Es ist unsere DNA“, sagt Schinkenschneider Miguel Prieto bei einer Verkostung. Seit über 600 Jahren wird Schinken in Jabugo hergestellt. 90 Prozent bleiben im Land, nur zehn Prozent werden exportiert.
„In einem Schinken können bis zu sechs verschiedene Geschmäcker vorkommen“, erklärt Prieto. Das Schneiden ist ein Ritual: Vom Binden der Schürze bis zur perfekten Scheibe – fast wie eine Oper.
„Eine gut geschnittene Scheibe muss am Teller kleben. Dann legt man sie drei Sekunden auf die Zunge – und denkt an die Landschaft.“
Rekorde und Rosenkränze in Aroche
Aroche überrascht mit einer weiteren Besonderheit: dem weltweit einzigen Museum für Rosenkränze, untergebracht im Kloster La Cilla de los Jerónimo aus dem 17. Jahrhundert.
Der Kirchenchorleiter und Organist Paulino Dias Alcaide sammelte über 3.000 Rosenkränze aus aller Welt – genug für einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.
Zu sehen sind Rosenkränze von Johannes Paul II., Richard Nixon, Grace Kelly – und sogar eines von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Der Rosenkranz des überzeugten Protestanten hängt hier neben denen der Kaiserin Fabiola und des kubanischen Sängers Antonio Machín.
Pilze, Wälder und ein „Pilz-Papst“
Weiter geht die Reise durch die Provinz Huelva, nur 50 Kilometer von der portugiesischen Grenze entfernt. Unter blauem Himmel erstrecken sich die schattigen Wälder der Sierra, wo im Herbst Pilze die Hauptrolle spielen.
Der Umweltwissenschaftler Daniel Calleja von Babel Nature führt Besucher durch den Balmoral Park – eine zweistündige Wanderung voller Entdeckungen.
„Bäume und Pilze kommunizieren miteinander“, erklärt er. „Geht es einem Baum schlecht, gibt der Pilz das an den nächsten weiter.“
Steinpilze, Parasole und Täublinge gehören zu den Highlights seiner Tour. „Heute Abend gibt es dazu Gambas und Reis“, sagt er mit einem Lächeln.
Genussregion Sierra de Aracena
Auf den Speisekarten der Region finden sich Gerichte mit Eiern, Pilzen, wildem Spargel und Jabugo-Schinken – oft kombiniert mit Meeresfrüchten.
Ein letztes kulinarisches Highlight erwartet Besucher in Jabugo, der Wiege des Iberico-Schinkens. Hier sitzt die Behörde für die geschützte Herkunftsbezeichnung Denominación de Origen Protegida (DOP).
Jabugo de Iberico ist nicht nur ein Produkt – es ist ein Lebensgefühl und der Stolz der Sierra de Aracena.
Reisetipps & Adressen
Anreise
Flug mit Iberia ab verschiedenen deutschen Städten über Madrid nach Sevilla:iberia.com
Hotels
Hotel Casa Palacio Conde del Álamo
Paseo de la Iglesia, 21240 Aroche – Huelvahotelcondedelalamo.comCharmant gelegenes Hotel im Zentrum von Aroche. Renovierte Zimmer in historischem Gebäude. Frühstück mit geröstetem Weißbrot, Olivenöl und Tomatensoße.Doppelzimmer ab 95 Euro
Finca Valbono Ctra. Carboneras KM 1, 21200 Aracena (Huelva)E-Mail: reservas@fincavalbono.comTraditionelle Unterkunft mit Haupthaus oder Bungalows. Typisches spanisches Frühstück.Doppelzimmer ab 92 Euro
Restaurants
Restaurante Miguel Tenorio Almendro21350 Almonaster la Real, Huelvaturismoalmonasterlareal.com/restaurantes/meson-miguel-tenorio/ Authentische andalusische Küche mit Terrasse unter Orangenbäumen. Ein Spaziergang durch Almonaster la Real lohnt sich.
Restaurante Montecruzrestaurantemontecruz.com21200 Aracena, Huelva
Restaurant im Hotel Convento Aracenahotelconventoaracena.es/esAracena
Restaurante Juan HormigoJabugoTelefon: +34 959 60 36 84







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